Eigene deutsche Lieder schreiben: Interview mit Tobias Feil
- ameliehimmelreich

- 15. Okt.
- 7 Min. Lesezeit

Ein Mann mit vielen Talenten und einer starken Offenbarung über Anbetung: Tobias Feil von der Schule der Erweckung erzählt, wie er in Songwriting hineingewachsen ist und was er sich für den Lobpreis in Deutschland wünscht.
Tobi, wer bist du und was machst du?
Hey, ich bin der Tobi Feil, wohne aktuell in Füssen, wo auch die Schule der Erweckung ist. Ich bin mit Cait verheiratet und wir haben drei Kinder, was auch schon ein Hauptteil meines Lebensinhalts ist. Es ist so cool, Zeit mit der Familie zu verbringen und zu sehen, wie die Kinder aufwachsen und Teil davon sein zu dürfen. Wirklich so eine coole Berufung.
Man kennt deine Lieder von dem Lobpreis der SDE. Was machst du dort so?
Ich arbeite in der Schule der Erweckung mit, aber ehrenamtlich. Eigentlich leite ich nur Lobpreis. Meine Frau Cait ist die Leiterin von dem Bereich und sie teilt immer ein, wer wann spielt und wer wann Lobpreis leitet. Da bin ich auch oft am Start, darf da Bands leiten, Lieder schreiben, Lobpreis leiten. Das ist so aktuell meine Leidenschaft was den Dienst angeht.
Was machst du denn beruflich?
Ich bin selbstständig als Programmierer, das mache ich auch sehr gerne und kann da von zu Hause aus arbeiten. Dadurch habe ich sehr viele Freiheiten mir auch viel Zeit für die Familie zu nehmen oder auch wenn man mal auf eine Freizeit fährt oder so ist das auch immer möglich. Da bin ich richtig dankbar dafür.
Wie kamst du zum Lobpreisen?
Gute Frage. Also ich bin schon als Kind damit in Berührung gekommen, mit sechs Jahren habe ich angefangen Klavier zu spielen, also klassischen Unterricht zu nehmen, was aber auch schön war.
Spielst du noch andere Instrumente?
Ja schon mehrere. Also ich spiele eigentlich alles, was man so im Lobpreis-Kontext findet, außer E-Gitarre und Geige. Das ist mir doch ein bisschen zu speziell, aber so Klavier, Gitarre, Bass, Schlagzeug spiele ich alles. Aber mit Klavier habe ich die längste Journey.
Das heißt du bist mit Lobpreis aufgewachsen?
Ich bin in einem konservativen Kontext groß geworden, wo man schon Lieder singt, aber Lobpreis ist ja nochmal irgendwie was anderes. Trotzdem hat mich das schon immer angesprochen und ich habe mir auch damals schon gewünscht, einmal Lieder zu schreiben. Aber ich dachte auch als Kind immer, dass ich dieses Improvisieren, was man ja manchmal in der Gemeinde sieht, nicht kann.
Spannend. Und wie hast du das dann gelernt?
Also mit sechs habe ich angefangen, Klavier zu spielen. Ich habe schnell Fortschritte gemacht und dann auch viele schwierige klassische Sachen gespielt. Mit 15 Jahren habe ich Gott in einer lebendigen Gemeinde so richtig kennengelernt und auch zum ersten Mal wirklich verstanden, was Lobpreis heißt. Ich habe dann angefangen, mir Gitarre selber beizubringen, weil ich in Hauskreisen unterwegs war und da hatten wir nicht immer ein Klavier. Durchs Gitarrespielen habe ich dann auf natürlichem Weg auch gelernt, Klavier im Lobpreis zu spielen. Also das war eigentlich so ein Synergieeffekt.
Du schreibst ja auch viele tolle Lieder. Wie entstehen die bei dir?
Das kann sehr unterschiedlich sein. Beim einem Lied kommt das alles in einer Session, beim anderen Lied ist es ein monatelanger Prozess. Ich finde es sehr interessant, dass unsere Ausdrucksmöglichkeiten so begrenzt sind. Wir haben eine natürliche Sprache, wo man gar nicht mal für alles, was man ausdrücken will, überhaupt ein Wort hat. Und dann auf der anderen Seite hat man vielleicht für etwas ein Wort, aber man findet keine Formulierung, die in das reinpasst, was man sagen will. Also ich bin schon ziemlich logisch unterwegs. Ich mag es einfach, wenn Dinge am Schluss wirklich passen, wenn sie rund sind. Das heißt, ich bin eher nicht so der Typ, dem in der Lobpreiszeit spontan irgendeine Zeile kommt und dann singt man noch was anderes dazu und dann hat man ein fertiges Lied. Sondern ich setze mich da gern dran und feil richtig.
Vielleicht ist dein Name auch Berufung :)
Ja, das ist echt so. Also ich setze mich dran, drehe viele Runden, optimiere immer weiter. Aber nicht weil es perfekt sein muss. Mir ist sehr bewusst, dass viele von den Sachen, die ich geschrieben habe, nicht perfekt sind. Wir haben eben auch eine irdische Sprache, wo du nicht alles machen kannst, was du gerne machen würdest. Und in der Musik genauso.
Ich glaube, im Himmel ist die Musik mehrdimensional.
Es gibt nicht nur hohe und tiefe Töne, sondern auch breite und... keine Ahnung. Und trotzdem können wir mit diesen unvollkommenen Werkzeugen, die uns auf der Erde zur Verfügung stehen, etwas schaffen, was schön ist für Gott. Und das ist immer mein Anliegen beim Liederschreiben, dass ich mich nicht mit etwas Unfertigem zufrieden gebe, nur weil ich jetzt halt ein fertiges Lied haben will oder es möglichst schnell im nächsten Gottesdienst spielen will oder so. Sondern es darf auch mal dauern, es darf über Monate gedeihen.
Oft ist es so zum Beispiel, ich schreibe eine Zeile von einem Vers am Klavier und die nächste Zeile finde ich dann schwieriger, weil die vom Versmaß her zu der vorherigen Zeile passen muss, sich am besten auch reimen, die gleiche Anzahl an Silben haben. Und das ist dann was, da muss ich drüber iterieren. Zum Beispiel bin ich in der Dusche und denke darüber nach, was da reinpassen könnte. Und so wachsen die Dinge dann über mehrere Wochen hinweg, ganz organisch eigentlich. Zumindest bis sie dann auch fertig sind.
Ich finde die wirklich schönen Dinge im Leben wachsen nur über mehrere Iterationen hinweg, weil es am Anfang noch nicht so schön ist, wie es am Schluss sein kann.
Wow so stark! Wie würdest du Lobpreis definieren?
Lobpreis ist für mich ein Raum, in dem die Menschen aus der Mitte wegtreten und Gott in der Mitte steht. Und es steht in der Bibel, er bewirkt in uns, was vor ihm wohlgefällig ist. Und das ist für mich etwas, was Gott in uns wirkt. Er wirkt Lobpreis in uns.
Aber irgendwie treten wir auch viel in den Vordergrund als Lobreiser. Widerspricht sich das?
Ich denke, unsere Wahrnehmung ist oft geprägt davon, wie die Welt mit Musik interagiert, zum Beispiel bei Konzerten, wo eine Menge den Leuten auf der Bühne zujubelt. Das kennen wir alle von Kindesbeinen an, egal ob wir christlich aufgewachsen sind oder nicht. Und unweigerlich werden wir diese Erfahrungen auch in den Lobpreis-Kontext reinprojizieren, weil es ja gleich aussieht. Es steht eine Band auf der Bühne und es ist eine Menge im Raum.
Ein Beispiel, wo das zu Tage tritt, ist, wenn nach einer Lobpreiszeit der Pastor auf die Bühne kommt und das Bedürfnis verspürt zu sagen, "Lasst uns doch mal der Band einen Applaus geben“, weil wir das so kennen. Da steht eine Leere im Raum und in jedem weltlichen Konzert muss das gefüllt werden mit Applaus.
Ich sage nicht, dass es schlecht ist, wenn man die Band ehrt.
Ich finde nur manchmal so die kleinen Nuancen richtig spannend. Wie schnell kommt diese Reaktion?
Wie würdest du das ganz praktisch anders machen?
Ich finde es aus meiner Sicht gut, wenn man zum Beispiel Lobpreis leitet und dann jemand auf die Bühne kommt und zuerst nicht zur Menge redet und auch nicht zur Band, sondern mit Jesus. Man kommt hoch und sagt, „Jesus, du bist so würdig. Wir danken dir für diese Zeit. Wir danken dir, dass du im Mittelpunkt stehst.“ Dann schließt die Band und dann kann man am Schluss noch kurz sagen, „Hey, danke, dass ihr euch heute Zeit genommen habt. Es war so toll, wie ihr uns reingeführt habt.“ Das ist was ganz anderes, als wenn man hochkommt und direkt sagt, „Lass uns doch der Band mal einen Applaus geben."
Was wünschst du dir für den Deutschen Lobpreis?
Ich bin ja schon ein bisschen darauf eingegangen, dass seit ein paar Jahren Lobpreis für mich immer mehr heißt, dass Gott in den Mittelpunkt rückt und wir aus dem Mittelpunkt wegtreten. Und ja, es ist eine Spannung, aber das wünsche ich mir. Weil man kann auf der Bühne so viel machen. Man kann irgendwie Stimmungen erzeugen und der Menge einheizen und ich finde das auch nicht falsch. Das sind alles Werkzeuge, aber es sind eben nur Werkzeuge. Wenn ich mir zum Beispiel den Tisch hier anschaue, da waren auch Werkzeuge involviert, aber niemand denkt an die Werkzeuge. Die sind komplett unwichtig. Der Tisch ist das, was zählt. Ich wünsche mir, dass wir das lernen. Und ich weiß leider auch nicht, wie es geht, außer zu sagen, Gott, bitte zeig uns das. Wir haben nichts ohne dich. Wir sind einfach davon abhängig, dass du uns da reinführst.
Und ja, die Band ist vielleicht die Spitze des Eisbergs, aber es ist trotzdem ein Eisberg. Manche Teile davon sind sichtbarer, andere sind weniger sichtbar, aber trotzdem sind wir eine Gemeinde, die zusammen vor Gott tritt. Und das wünsche ich mir, dass wir das mehr verstehen. Dass wir einfach uns selber niederlegen. Und ja, es hat einen Ausdruck. Das Ziel ist auch nicht, dass die Band auf die Bühne geht und sagt, wir machen heute gar nichts, weil es geht nur um Gott, sondern das ist so eine Spannung.
Es geht nicht darum, gar nichts mehr zu machen, aber es geht auch nicht darum, irgendwie in Perfektion Dinge zu tun. Und dann kommen wir vielleicht an den Punkt, wo wir sagen, wie geht es denn dann überhaupt richtig? Die einzige Lösung ist, dass Jesus es uns zeigen muss, weil wir können es nicht aus unserer eigenen Kraft.
Ich wünsche mir auch, dass wir einfach mehr Mut haben, wir selbst zu sein.
Es gibt im deutschen Lobpreis viele Bestrebungen, wo wir versuchen, jemand anderes zu sein. Ich sage nicht, dass ich übersetzte Lieder pauschal schlecht finde, aber wenn du etwas schaffst, was so aussieht wie das von jemand anderem, aber in dem, was du geschaffen hast, irgendwie keine Originalität zum Vorschein kommt. Dann ist die Frage wirklich, ist das aus deinem Herzen gewachsen oder hast du es nur gemacht, damit es so aussieht wie das von jemand anderem. Und in einem übersetzten Lied sind oft Formulierungen drin, die komplett unnatürlich sind, die man so, wenn man selber ein Lied schreibt, nie benutzen würde.
Und es gibt Übersetzungen, da ist es nicht so. Da merke ich auch, der Übersetzer hat nicht versucht eins zu eins so zu schreiben wie das Englische, sondern er ist mal einen Schritt zurückgetreten ist und hat überlegt, Was kann Gott vielleicht in meinem Herzen durch die deutsche Sprache da rein transportieren? Und ich sehe eine sehr starke Tendenz, dass Sachen übersetzt werden und dass wir ein Stück weit aufgehört haben, unsere eigenen Lieder zu schreiben.
Und da wünsche ich mir, dass wir nicht versuchen, so wie die Englischen zu sein. Ja, die sind sehr populär und füllen Stadien, aber ich glaube, Gott hat in uns Deutsche etwas hineingelegt, was man auf Englisch gar nicht ausdrücken kann. Das geht aber nur, wenn wir in uns selbst reinhören und genau überlegen, Was will denn Gott durch meine Sprache zum Vorschein bringen?
Amen dazu! Vielen vielen Dank Tobi!
--> Hier kannst du mit Tobias connecten:
Email schreiben: tobias.feil@schuledererweckung.de



Kommentare